07.07.2018

Stellschrauben angezogen


Yulia Andryan verlangt viel von den von ihr gecoachten Männern und Jugendlichen
von Susanne Kühner
 
 
SPEYER. Yulia Andryan (44) hat eine bewegte sportliche Lebensgeschichte. Die in Aserbaidschan geborene Frau begann als Jugendliche mit dem Tischtennis und wurde in Italien Berufsspielerin. Drei Welt- und drei Europameisterschaften erlebte sie aktiv mit. 2016 kam Andryan nach Speyer, stieß auf den TSV und trainiert seither dort zwei Herrenteams und eine Jugendmannschaft.
Strukturen hat Andryan dem Nachwuchs und den Männern beigebracht. Dazu Disziplin und neue Methoden. „Wir haben eine viel größere Trainingsbeteiligung, seit sie da ist“, sagt Abteilungsleiterin Gisela Ruhnke. Froh ist sie, dass der Tischtennis-Crack beim TSV hängengeblieben ist. Entstanden ist die Beziehung durch eine berufliche Veränderung von Andryans Ehemann. Nach 20 Jahren im italienischen Messina fand er in Speyer Arbeit. Seine Frau suchte im Internet nach einem Tischtennisverein und stieß auf die Abteilung des TSV. Zu dem Zeitpunkt hatte sie zehn Jahre nicht mehr aktiv gespielt. „Mein letzter Einsatz war, als ich im neunten Monat schwanger war“, berichtet sie lächelnd. Ihr Sohn kam 2006 auf die Welt.
Schwellenangst kannte Andryan in Speyer nicht. Sie spazierte einfach im September 2016 ins Training in der Halle der Berufsbildenden Schule. Die erste Reaktion: Skepsis. Die zweite: Respekt. Nach ein paar Ballwechseln waren die spielerischen Fronten mit der erfolgreichen Tischtennisfrau geklärt. Ruhnke bot ihr einen Trainerposten an. Erst kam die Jugend, dann die Lust, die Stellschrauben bei den Herren fester anzuziehen.
 
Mittlerweile steht Andryan zweimal vier Stunden in der Woche an der Platte – als Anleiterin, aber auch als Spielerin. Sie ergänzt die Herren I und verhalf ihnen in der zurückliegenden Saison sogar zum Aufstieg von der Kreis- in die Bezirksklasse. „Sie selbst hat kein einziges Spiel verloren“, sagt Ruhnke.
 
Die Weichen für die Karriere wurden durch Andryans Nachbarin in Aserbaidschan gestellt, die ebenfalls professionell Tischtennis spielte. Sie hat sie gefördert. „In den 1980er-Jahren stieg ich in die Jugendmannschaft in Baku ein. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gehörte ich der armenischen Nationalmannschaft an und bestritt mit dieser 1993 meine erste Weltmeisterschaft in Göteborg“, berichtet Andryan von ihrem Werdegang. Der 19. Platz wurde es damals. „Wir sind auf viele starke Gegner aus Deutschland getroffen“, erklärt sie.
 
Bei der Europameisterschaft in Birmingham fiel sie einigen Funktionären auf, die die damals 20-Jährige als Berufsspielerin nach Italien beriefen. In der Zweiten Liga ging es los. 2001 war Andryan in der Ersten Liga Italiens unterwegs.
 
Beim TSV geht es ihr vor allem um die Nachwuchsförderung. „Die Jugend kann ich noch prägen und langfristig mehr herausholen“, betont sie. Den Herren möchte sie beibringen, zielgerichteter zu spielen. „Mein Ziel ist, dass sie irgendwann in der Bezirksklasse ohne mich bestehen können“, hebt Andryan hervor. Persönlich arbeitet sie hart daran, die deutsche Sprache zu lernen. Noch funktioniert die Verständigung dank Übersetzung durch einige Spieler und das Smartphone.
 
Nach der Faszination von Tischtennis gefragt, beginnen Andryans Augen zu glänzen: „Ich liebe diesen Sport. Er ist sehr wichtig für Kinder und Erwachsene, bringt Konzentration, Disziplin, Koordination, Reaktionsvermögen und hält einfach fit.“


 


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